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Josy, zwei Jahre alt, ängstlich, sucht gemeinsam mit Bruder Jasper ein Zuhause. www.agtiere.de |
Wer im Tierschutz arbeitet, der kennt das Problem in vielen leidvollen Facetten. "Scheue" Katzen sind kaum zu vermitteln. Was aber heißt scheue Katzen?
Hier gehen die Begriffe oft munter durcheinander. Was ist gemeint?
- Scheue Katze
- Ängstliche Katze
- Aggressive Katze
- Verwilderte Katze
- Wildkatze
Eine scheue Katze ist in der Regel eine ängstliche Katze - ängstlich gegenüber Menschen. Das macht einen gewaltigen Unterschied: denn viele dieser "schwierigen Tiere" sind sehr wohl sozial, teilweise sehr sozial, mit anderen Artgenossen.
Verwildert sind Hauskatzen, wenn sie lange, teilweise über Generationen, ohne oder nur mit sehr wenig Menschenkontakt gelebt haben. Das trifft eher etwa auf Populationen zu, die in abgelegenen Gegenden mehr schlecht als recht überleben.
Selbst Katzengruppen auf Friedhöfen oder auf Fabrikhöfen hierzulande haben oft Fütterer, kennen also Zweibeiner in Zusammenhang mit wichtigen Ressourcen.
Wildkatze - dieser Begriff wird oft missbräuchlich verwendet, wenn eine verwilderte Katze gemeint ist. Eine Wildkatze ist unseren Hauskatzen aber nur entfernt verwandt, sie gehört zur Gattung felis silvestris silvestris und ist in ihrem Bestand bedroht.
Nicht jede ängstliche Katze ist eine aggressive Katze
Scheu heißt, wie oben schon gesagt, vorwiegend menschenscheu - nicht unbedingt scheu vor Artgenossen. Ja, es gibt sie, die "Wilden", die jede Art von menschlicher Annäherung mit der ganzen beeindruckenden Bandbreite von Abwehrlauten beantworten. Fauchen, Knurren, Grollen, Kreischen, Spucken, Kratzen und Beißen - in unterschiedlichen Kombinationen. Das soll abschrecken und tut es auch.
Wer wie reagiert, ist eine Typfrage, eine Sache der Hormone, der Genetik, der Lernerfahrungen, der Sozialisation.
Nie werde ich Severin den Spucker vergessen. Er war ein bildhübsches junges Katerchen, der sich in seiner Pflegestelle im Kratzbaum verschanzt hatte und den nur verließ, wenn kein Mensch im Zimmer war. Näherte sich ein Zweibeiner auf einen halben Meter dieser Höhle, kam ein fauchendes und spuckendes Etwas hervorgeschossen. Unzählige Menschen hat Severin in die Flucht gespuckt. Nur seine Familie nicht, die beschlossen hatte, ihm eine Chance zu geben. Im vergangenen Jahr ist er, als Katzensenior und geliebtes Familienmitglied, gestorben.
Wie reagieren ängstliche und scheue Katzen?
Mein Kater Paul war das ganze Gegenteil von Severin - aber deshalb nicht weniger scheu. Paul und Toby kamen aus dem Eifeltierschutz. Paul war auf einem Bauernhof mit vielen anderen unkastriert aufgewachsen, hatte Angst vor Menschen, Männern, Schuhen, Fotoapparaten, Haustürklingeln, eigentlich vor allem, was er nicht kannte. Aggressiv war er nur zu allen anderen Katzen, außer Toby. Bei Menschen war er ein Lamm. Ich konnte ihn anfassen und auf den Arm nehmen. Aber dabei zitterte er so, dass ich die Zähne klappern hören konnte. Scheu? Ja. Aggressiv? Nein.
Ja, das ist die Frage, auf die es nicht die eine und allein selig machende Antwort gibt - nur generelle Verhaltensweisen, die hilfreich sein können. Und natürlich können Anti-Stress-Mittel mit dem Wirkstoff Tryptophan hilfreich sein, die im Handel frei zu erwerben sind.
Acht Tipps zur Eingewöhnung einer ängstlichen Katze
- Geduldig sein. Ja, das fällt schwer. Aber Zeiträume bemessen sich hier eher in Wochen als in Tagen
- Respekt vor dem Wesen der Samtpfote haben. Nicht bedrängen
- Rückzugsorte anbieten und absolut respektieren
- Präsenz zeigen, aber dabei die Individualdistanz beachten
- Angebote machen - immer wieder und wieder. Dabei auf Distanz bleiben
- Katze nicht anstarren, blinzeln, Kopf wegdrehen, auf den Boden setzen oder legen, Hand mit der Fläche nach oben anbieten
- Alles nutzen, was den Arm verlängert - Wedel, Angeln etc. Langsame Bewegungen!
- Gerüche zunutze machen: Fast alle Miezen lieben Katzenminze oder Baldrianspielzeug. Spielen ist Jagen, eine angeborene Verhaltensweise und damit ein Zeichen der Normalität.
- Spielangebote nur mit Spielzeug machen, das ins Beuteschema passt und keine Angst verursacht. Ein sehr gutes Beispiel: der Cat Dancer, mit oder ohne Baldrianfüllung fast immer ein voller Erfolg.
- Auf die Kraft der Solidarität setzen: Andere, gut mit Menschen und Katzen sozialisierte Tiere können enorm hilfreich sein und zeigen, dass Zweibeiner doch gar nicht so schlimm sind, wie vermutet.
Gibt es weniger ängstliche Katzenrassen?
ABER: SIE KOMMEN ALLE - IRGENDWANN
Toby wurde 19 Jahre alt. Zum ersten Mal anfassen konnte ich ihn mit 17 Jahren. Er hatte ein langes, glückliches Leben. Nur das zählt
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