Darf man eine Katze bestrafen?


Neulich stieß ich auf facebook auf diesen Beitrag hier von Pam Johnson-Bennett. Die amerikanische Katzentherapeutin hat eine Reihe sehr lesenswerter Bücher verfasst, unter anderem "Cat versus Cat". Sie veröffentlicht regelmäßig Beiträge zu Verhaltensproblemen von Katze, unter anderem diesen hier:    


When you punish a cat for exhibiting a behavior you don’t like, it doesn’t stop the behavior. First, it’s important to understand that regardless of how unwanted the behavior is, it serves a purpose for the cat. Your cat isn’t scratching on the sofa or jumping on the counter just to make you mad. Animals engage in behaviors that serve a function (i.e. apay-off). Additionally, many of the behaviors cat parents view as unwanted, such as furniture scratching, are normal, natural behaviors. When you squirt the cat with water for scratching the furniture you may momentarily stop the behavior but the cat has a normal and natural need to scratch. If he gets punished every time he attempts to engage in a normal behavior, he will probably become afraid of you and he’ll also continue the behavior in secret.

Zum besseren Verständnis die deutsche Übersetzung:

Wenn Sie eine Katze bestrafen, weil sie ein Verhalten zeigt, das Ihnen nicht gefällt, wird das Verhalten dadurch nicht beendet. Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass das Verhalten, egal wie unerwünscht es ist, für die Katze einen Zweck erfüllt. Ihre Katze kratzt nicht auf dem Sofa oder springt auf den Tresen, nur um Sie zu ärgern.

Tiere legen Verhaltensweisen an den Tag, die einer bestimmten Funktion dienen (z. B. sich abreagieren). Außerdem sind viele der Verhaltensweisen, die Katzeneltern als unerwünscht ansehen, wie z. B. das Kratzen an Möbeln, normale, natürliche Verhaltensweisen. Wenn Sie die Katze mit Wasser bespritzen, weil sie an den Möbeln kratzt, können Sie das Verhalten zwar kurzzeitig unterbinden, aber die Katze hat ein normales und natürliches Bedürfnis zu kratzen.

Wenn sie jedes Mal bestraft wird, wenn sie versucht, ein normales Verhalten auszuüben, wird sie wahrscheinlich Angst vor Ihnen bekommen und das Verhalten heimlich fortsetzen. Beim Lesen dachte ich ja, ja und ja, und nein, nein und nein. Warum? Ja, eine Katze zeigt ein Verhalten nicht in der Absicht, Menschen zu ärgern. Diese Annahme wäre sehr um die Ecke gedacht und entspringt menschlicher Interpretation tierischen Verhaltens. Aber eine Katze tut etwas, weil es für sie selbst richtig und bedeutsam ist und einen Zweck erfüllt. Soweit, so gut und im Falle von Kratzen an Möbeln und Tapeten auch leicht zu erklären und umzulenken.
Das Kratzen dient dem Wetzen der Krallen, also der Pflege der "Instrumente". Und es hinterlässt natürlich Geruchsmarkierungen, die der innerartlichen Kommunikation dienen. Schön ist es dennoch nicht - für Zweibeiner.

Und ja, die verkratzten Stellen haben für die Mieze eine Bedeutung. "Vermiesen" wir die eine Stelle, wird sie vermutlich versuchen, eine andere, aus ihrer Sicht ebenso geeignete Stelle zu finden. Hier ist Ursachenforschung angesagt.


Warum kratzt die Katze an den Möbeln?

1. Ärger in der Gruppe?
2. Gibt es eine "undercat", die sich beweisen muss?
3. Fehlt es an Kratzmöglichkeiten?
4. Gibt es horizontale und vertikale Kratzgelengeheiten?
5. Erfüllen die Kratzmöbel kätzische Ansprüche an deren Bedürfnisse? Oder sind sie nach menschlichen Gesichtspunkten ausgesucht worden?


Wenn Sie Probleme mit zerkratzten Möbeln haben, sprechen Sie mich an, dann suchen wir gemeinsam nach einer Lösung. Hier soll es aber zunächst um das Thema Strafe gehen.

Dürfen wir eine Katze nicht bestrafen?

Strafe klingt hässlich und brutal, kein Wunder, dass sich viele Katzenhalter absolut dagegen aussprechen. Und ja, die Gefahr besteht grundsätzlich, dass unsere Samtpfote uns mit negativen oder schmerzlichen Erfahrungen in Verbindung bringt.

In dem Zusammenhang ist oft von anonymer Bestrafung die Rede, also einer Abschreckung, bei der das Tier den Reiz nicht mit dem Menschen in Verbindung bringt. Das ist leichter gesagt als getan.
Nach Möglichkeit versuchen wir also, unerwünschtes Verhalten gar nicht erst entstehen zu lassen. Wie?

  • Indem wir verstehen, was die Bedürfnisse eines Tieres sind
  • Indem wir diese Bedürfnisse ernst nehmen 
  • Indem wir versuchen, sie zu erfüllen oder sie umzulenken     

Die Mieze springt auf den Tisch? Warum, weil sie dort lecker Essbares vermutet. Wir füttern also konsequent und immer unten. Springt das Tier auf den Tisch, wird es konsequent nach unten gesetzt und dort - mit kurzem zeitlichem Abstand - gefüttert.

Das Erkennen, das Zuvorkommen und das Umlenken von unerwünschtem Verhalten gilt eigentlich immer.

Aber: Heißt das dann, dass wir nie und unter keinen Umständen auf Strafe setzen dürfen, weil sonst unsere Katze für immer traumatisiert wird? Oder anders gefragt:

Ist Strafe für Katzen tabu?

Ja, wenn damit gemeint ist, ein Tier zu schlagen, zu treten, ihm in anderer Form Gewalt anzutun - etwa das Tunken mit der Nase in eine Urinpfütze.

Aber was ist mit der Wasserspritze? Zum einen wirkt sie nur dann, wenn jemand sehr gezielt sprühen und treffen kann. Zum anderen wirkt kaltes Wasser nicht verletzend, nur abschreckend. Also, jein - es kann Situationen geben, wo der Einsatz Sinn macht. Aber eben nur wohl überlegt, gut dosiert und nur als Teil eines Gesamtkonzepts. Dass eine Katze traumatisiert wird, weil sie einen Sprüstoß Wasser ins Gesicht bekommt ? Das kann bei einer sehr sensiblen oder ohnehin sehr ängstlichen Mieze vielleicht vorkommen. Meine Truppe würde darüber nur kätzisch kichern.

Strafe im Sinne von Abschreckung alleine macht keinen Sinn - wenn sie willkürlich und inkonsequent angewendet wird und wenn sie für ein angeborenes Bedürfnis ausgesprochen wird. Sie kann immer nur ein Teil einer Strategie sein, mit der auch erwünschtes Verhalten belohnt und bestärkt wird.

Manchmal kann ein Sprühstoß kaltes Wasser sinnvoll sein - oder Schlimmeres verhindern - etwa den Sprung auf die heiße Herdplatte..das Zerfetzen des Lieblingssessels....oder Anderes. Aber wie gesagt, nicht als alleiniges Instrument der "Erziehung" und schon gar nicht wahllos. Strafe - das ist und bleibt ein heikles Thema. Und sicher reagiert jedes Tier auf Signale anders - je nach Alter, Erfahrung, Rasse, Gesundheit.

Bei Gimli (oben im Bild) der mit Vorliebe 800 Gramm schwere Futterdosen von der Arbeitsplatte auf die Fliesen schubst und dann beobachtet, wie die Fliesen zerspringen, hilft ganz sicher kein kaltes Wasser. In seinem dichten Fell dürfte das kaum zu spüren sein. Und seine standfeste Persernatur ist durch solche Aktionen auch nicht zu beeindrucken.

Abhilfe hat ein Futterautomat gebracht und dass keine Dosen mehr auf der Arbeitsplatte stehen.

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