Wie viel Schlaf braucht die Katze? Teil I


Katze Tina. Foto Lewicka

Eigentlich sollten bei schönstem Frühjahrswetter nun die Katzen draußen herumstromern. Aber es regnet, ist kalt und alle tierischen Bewohner dieses Hauses schlafen. Normal oder Grund zur Besorgnis? Dieser Text gibt Auszüge meines letzten Artikels in der Schweizer "Tierwelt" wieder.

Wenn Katzen schlafen, so völlig in sich versunken, wirkt das auf Menschen anziehend und anrührend. Leise hebt sich dann der pelzige Brustkorb. Der Atem geht langsam und regelmässig. Unwillkürlich zuckt es in den Fingern, einer schlafenden Katze über das Fell zu streicheln. Und manches Tier dreht sich dabei auf die Seite und zeigt dem vertrauten Menschen sogar den Bauch, während es scheinbar weiterschläft oder döst.

Etliche Büsis machen im Schlaf leise Geräusche, andere zucken mit den Pfoten, ein Grund für die Annahme, sie würden träumen – vielleicht von saftigen Mäusen. Das finden Menschen schön und oft auch erheiternd. Denn so manche Mieze wählt sich für ihre Ruhestunden recht ungewöhnliche Plätze aus. Frei nach dem Motto «Platz ist in der kleinsten Ecke» quetschen sich viele Tiere in winzige Kartons, Brotkörbe, Obstschalen, Waschbecken oder andere Behältnisse. Sie rollen sich artistisch zusammen und schlafen in scheinbar völlig unbequemen Positionen tief und fest.

So verführerisch es auch sein mag, eine schlafende Katze zu berühren und zu streicheln, sollten Menschen ihr doch diesen Ruheplatz lassen und sie dort auf keinen Fall bedrängen. «Jede Katze braucht einen sicheren Rückzugsort, einen Platz an dem sie sieht, aber nicht gesehen werden kann», sagt Dr. Anneli Muser Leyvraz, Tierärztin und Präsidentin der Schweizerischen Tierärztlichen Vereinigung für Verhaltensmedizin (STVV). Besonders erhöhte Plätze sind bei den Tieren sehr beliebt, denn sie versprechen ebenso Überblick wie Sicherheit. Auch gerne angenommen werden «Höhlen», etwa in Kleiderschränken oder Regalen, die mit einer Decke ausgepolstert sind. Und beliebt sind bei den wärmeliebenden Tieren im Winter Ruheplätze vor oder neben einer Heizung oder einem Ofen – vielleicht ein Erbe der afrikanischen Vorfahren.

Wenn ein so aktives Tier wie eine Katze ihren Drang nach Bewegung und Beutefang nicht ausleben kann, führt das nicht nur zur Frustration, sondern möglicherweise auch zur Depression oder – zum Rückzug in den Schlaf. Als dämmerungsaktive Tiere würden die Büsis eigentlich in der Morgen- und Abenddämmerung auf die Jagd gehen, dementsprechend verzeichnet ihr Aktivitätsmuster hier auch zwei Höhepunkte – selten zur Freude des Menschen, der in den Morgenstunden selbst schlafen möchte. 

«Die Tiere können sich in vielen Fällen dem Lebensrhythmus ihres Halters anpassen, aber sie brauchen dennoch unbedingt die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse auszuleben, aktiv zu werden und sich tiergerecht zu beschäftigten», appelliert die Verhaltensmedizinerin. 


So kann es durchaus eben auch ein Warnsignal sein, wenn eine Katze «nur schläft» und so gar nicht spielen will, wie viele Katzenbesitzer erzählen. Ob sie sich aus Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten sich in sich selbst zurückziehen, oder ob sie eine organische oder altersbedingte Erkrankung haben, kann nur der Tierarzt abklären» so Dr. Muser Leyvraz. Womöglich kann Schlafen aber auch ein Stresssymptom sein: Wenn sich ein Tier Platz und Revier mit vielen anderen Artgenossen teilen muss oder unter schlechten Haltungsbedingungen lebt, kann es sein, dass es den Kontakt zur Aussenwelt abbricht, indem es sich in den Schlaf flüchtet.



FORTSETZUNG TEIL II folgt

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